Praktisches Verwaltungsrecht

 

 

Handbuch des Sächsischen Verwaltungsvollstreckungsrechts

2. Auflage 2014

 

»Harras und andere Hunde«(1)


apf 2002, Landesbeilage Sachsen, S. 33 ff.

(Boorberg-Verlag)

Inhaltsverzeichnis

1. Sachverhalt

2. Lösungsvorschlag


3. Fussnoten

Sachverhalt

Bärbel Hundswut ging am 8.2.2000 mit ihrem Yorkshire Terrier »Lumpi« und ihrem ebenso kleinen Mischlingshund »Pumpi« in Oederan spazieren. Bei ihrem Spaziergang traf sie auf den Rottweilerrüden Harras, der von seiner Eigentümerin Maria Sundfall aus Oederan begleitet wurde. Der neun Jahre alte freilaufende Rottweiler griff plötzlich den Yorkshire-Terrier an. Nachdem »Harras« den Yorkshire-Terrier von Frau Hundswut mehrmals kräftig gebissen hatte, nahm sie ihn auf den Arm, um ihn vor weiteren Attacken zu schützen.

Doch der Rottweiler liess nicht ab und griff jetzt Frau Hundswut und den Yorkshire Terrier erneut an. »Lumpi« war jedoch nicht mehr zu retten und verstarb in den Armen von Frau Hundswut. Schliesslich griff er auch den Mischlingshund an und biss diesen so heftig, dass auch dieser nicht mehr zu retten war und verstarb.

Von dem Vorfall nahm Frau Sundfall offenbar keine Notiz. Jedenfalls ging sie, wie die Zeugin Sabine Gucker beobachtete, mit ihrem Hund in ein Bistro in der Mittweidastraße..

Frau Gucker rief darauffiin beim Ordnungsamt von Oederan an und schilderte den Sachverhalt. Es erschien sofort der Bedienstete Friedrich Flink des Ordnungsamtes Oederan, der Frau Sundfall zu diesem Vorfall befragte. Während der Befragung fletschte »Harras« gegenüber Herrn Flink die Zähne. Sie bestritt, etwas mit diesem Vorfall zu tun zu haben. Da ihre Kleidung jedoch blutverschmiert war, konnte sie das Geschehen nicht länger leugnen.

Mittlerweile fletschte »Harras« nicht nur die Zähne, sondern ging auch auf Herrn Flink los. Dies geschah so schnell, dass nur ein beherzter Griff von Frau Sundfall nach dem Halsband ihres Hundes Schlimmeres verhüten konnte.

Wie sich später herausstellte, hatte der Rottweiler bereits zwei Tage zuvor den Pekinesen »Lullu« einer anderen Hundehalterin totgebissen.

Herr Flink erlässt nach diesem Vorfall am nächsten Tag (9.2.2000) einen mit einer ordnungsgemässen Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid an Frau Sundfall. Der Bescheid wird in Form eines einfachen Briefes am 10.2.2000 zur Post gegeben.

In diesem Bescheid wird Frau Sundfall aufgegeben,

ihren Rottweiler »Harras« innerhalb ihres befriedeten Besitztums in ihrem vorhandenen geschlossenen Zwinger zu halten (1.).

Weiterhin wird ihr aufgegeben, beim Verlassen des Grundstücks den Hund an einer höchstens zwei Meter langen Leine zu nehmen sowie mit einem Maulkorb zu versehen (2.).

In dieser Verfügung wird auch die sofortige Vollziehung gemäss § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr.4 VwGO für diesen Bescheid angeordnet (3.).

 Zusätzlich wird für jeden Fall der Nichtbefolgung ein Zwangsgeld angedroht in Höhe von 1.000 DM, wenn die Anordnungen nicht erfüllt werden (4.).

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde ordnungsgemäss begründet.

Frau Sundfall ist in der Zwischenzeit mit »Harras« auf eine Hundefarm nach Malta gefahren, um ihm endlich ein bisschen »Benehmen« in der Öffentlichkeit beizubringen.

Am 24.3.2000 kommt sie aus dem Urlaub frustriert zurück, da Harras sich in seinem Verhalten nicht geändert hat. Die Hundetrainerin auf Malta hat ihr bescheinigt, dass Harras ein hoffnungsloser Fall sei.

Noch mehr ist sie nun allerdings darüber entsetzt, dass die Stadt Oederan ihr einen solchen Bescheid geschickt hat.

Am 27.3.2000 legt sie gegen diesen Bescheid persönlich bei der Stadt Widerspruch ein. Sie führt in dem Widerspruch aus, dass sie sich im Urlaub befunden habe und aus diesem Grund die Frist nicht habe einhalten können. Daher bitte sie um eine »Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand«. Zur Begründung führt sie weiterhin aus, dass »Harras« als Welpe sehr gequält worden sei und sie alles tun werde, ihn mit liebevoller Zuwendung zu einem braven Hund zu erziehen. Sie sehe es keinesfalls ein, ihren freiheitsliebenden Hund in einen Zwinger zu sperren und ausserhalb ihres Hausgrundstücks an einer kurzen Leine mit einem Maulkorb auszuführen. Ausserdem sei eine Zwangsgeldandrohung sowieso rechtswidrig, weil die Stadt Oederan gar nicht dafür zuständig sei.

Aufgabe:

Prüfen Sie, ob der Widerspruch Aussicht auf Erfolg hat.

Hinweise:

Sollten Sie zur Unzulässigkeit des Widerspruchs gelangen, so ist auf die Begründetheit in einem Hilfsgutachten einzugehen.

Die Polizeiverordnung des Sächsischen Staatsministeriums zum Schutz vor gefährlichen Hunden findet keine Anwendung (2).

Lösungshinweise:

Der Widerspruch hat Aussicht auf Erfolg, wenn er zulässig und begründet ist.

A. Zulässigkeit des Widerspruchs

Der Widerspruch müsste zulässig sein.

I. Verwaltungsrechtsweg eröffnet

Zulässig ist ein Widerspruch dann, wenn der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht gegeben ist.

1. Spezialzuweisung vorhanden ?

Eine gesetzliche Spezialzuweisung ist nicht vorhanden.

2. Generalzuweisung des § 40 Abs. 1 VwGO

Nach der Generalzuweisung des § 40 Abs. 1 VwGO ist der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht gegeben, wenn es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt und keine anderweitige Zuweisung vorliegt.

a) Öffentlich-rechtliche Streitigkeit

Die streitentscheidenden Normen müssen öffentlich-rechtlicher Natur sein, d.h. einen Hoheitsträger als Berechtigten oder als Verpflichteten benennen.

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Bescheid der Stadt Oederan vom 9.2.2000 rechtmässig ist. Ermächtigungsgrundlage für das Handeln durch die Stadt Oederan ist § 3 SächsPolG. Dort ist die Polizeibehörde als berechtigter Hoheitsträger genannt. Die Streitigkeit ist damit öffentlich-rechtlicher Natur (Polizeirecht im sog. Subordinationsverhältnis, d.h. Über-und Unterordnungsverhältnis Behörde/Bürger)..

b) nichtverfassungsrechtlicher Art

Die Streitigkeit ist nichtverfassungsrechtlicher Art, weil weder Verfassungsorgane oder ihnen gleichgestellte Personen an dem Streit beteiligt sind, noch Streit über Anwendung und Auslegung von Verfassungsrecht besteht.

c) keine Zuweisung zu einem anderen Gericht

Eine Zuweisung zu einem anderen Gericht ist nicht ersichtlich.

d) Zwischenergebnis

Demnach sind die Voraussetzungen der Generalzuweisung des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO erfüllt.

II. Formelle Ordnungsgemässheit der Widerspruchseinlegung

Nach den §§ 69, 70 VwGO ist der Widerspruch schriftlich oder zur Niederschrift bei der Ausgangsbehörde oder der Widerspruchsbehörde einzulegen. Das hat Frau Sundfall getan.

III. Beteiligten- und Handlungsfähigkeit

Frau Sundfall müsste auch beteiligungsfähig sein nach § 1 SächsVwVfG i. V. m. §§ 11, 79 VwVfG.

Als natürliche Person ist Frau Sundfall gemäss § 11 Nr. 1 VwVfG beteiligtenfähig.

Darüber hinaus ist sie auch gemäss §§ 12, 79 VwVfG verfahrenshandlungsfähig.

IV. Statthafter Rechtsbehelf

Statthafter Rechtsbehelf könnte der Widerspruch nach § 68 VwGO sein. Dies ist der statthafte Rechtsbehelf, wenn die betroffene Person die Aufhebung oder den Erlass eines Verwaltungsaktes oder ein hoheitliches Handeln begehrt, bei dem die Anwendbarkeit des § 68 VwGO gesetzlich ausdrücklich gefordert wird.

Frau Sundfall will weiterhin ihren Hund wie bisher ausführen und halten. Dies kann sie möglicherweise mit einem Anfechtungswiderspruch nach § 68 VwGO erreichen. Dieser Rechtsbehelf ist u. a. statthaft, wenn der Betroffene die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt.

1. Widerspruchsführerin begehrt die Aufhebung eines Verwaltungsaktes

Bei den Verfügungen handelt es sich um die hoheitlichen Massnahmen einer Behörde auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts zur Regelung eines Einzelfalls mit unmittelbarer Rechtswirkung nach aussen, also um Verwaltungsakte i. S. des § 35 Satz 1 VwVfG. Auch die
Androhung des Zwangsgeldes ist unstreitig ein Verwaltungsakt.

(Da hier unproblematisch die Voraussetzungen eines VA vorliegen, sind lange Ausführungen zu den einzelnen Voraussetzungen nicht erforderlich.)

2. Kein Ausschluss des Widerspruchsverfahrens

Eine Unstatthaftigkeit des Widerspruchsverfahrens, insbesondere gemäss § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist nicht gegeben.

3. Ergebnis

Frau Sundfall begehrt die Aufhebung von Verwaltungsakten. Also ist der Widerspruch der statthafte Rechtsbehelf.

V. Widerspruchsbefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO

Auch müsste Frau Sundfall widerspruchsbefugt sein gemäss § 42 Abs. 2 VwGO analog. Sie muss geltend machen, durch den Verwaltungsakt in ihren Rechten verletzt zu sein.

Eine ausdrückliche Regelung der Widerspruchsbefugnis fehlt. § 42 Abs. 2 VwGO ist aber analog anwendbar. Dies ergibt sich auch aus § 70 Abs. 1 VwGO , dort wird der Widerspruchsführer als der Beschwerte bezeichnet. Der Adressat eines belastenden Verwaltungsaktes ist stets klage- und widerspruchsbefugt, da möglicherweise in seine subjektiv-öffentlichen Rechte eingegriffen wird (Adressatentheorie), somit auch beschwert i.S. von § 70 I VwGO.

Es ist zumindest ein Eingriff in die Rechte der Frau Sundfall aus Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) denkbar. Frau Sundfall ist die Adressatin des belastenden Verwaltungsaktes. Folglich ist sie widerspruchsbefugt.

VI. Einhaltung der Widerspruchsfrist nach § 70 Abs. 1 VwGO

Der Widerspruch der Frau Sundfall müsste innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe des Bescheides der Stadt Oederan eingelegt worden sein. Der Widerspruch wurde jedoch eindeutig zu spät eingelegt.

In Betracht kommt allerdings eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäss § 60 VwGO.

Nach § 70 Abs. 2 VwGO gilt § 60 VwGO auch im Widerspruchsverfahren. Die in § 70 Abs. 1 VwGO genannte Frist von einem Monat hat Frau Sundfall versäumt.

Die Fristversäumnis muss unverschuldet sein. Ein Verschulden liegt dann vor, wenn der Betroffene nicht die Sorgfalt hat walten lassen, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmenden Beteiligten geboten und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zumutbar ist.

Ein Verschulden liegt nicht vor, wenn die Frist aufgrund einer Bekanntgabe während des Urlaubs versäumt wird. Nur ausnahmsweise kann ein Verschulden vorliegen, wenn der Adressat wegen besonderer Umstände mit dem Zugang des Bescheides rechnen musste.

Aufgrund des Vorfalls, zu dem Herr Flink vor Ort hinzugezogen wurde, konnte Frau Sundfall mit einem Einschreiten seitens der Stadt rechnen. Allerdings hat er nicht vor Ort zum Ausdruck gebracht, dass er einen Bescheid in nächster Zukunft erlassen wird.

Daher sind beide Auffassungen zu vertreten.

Folgt man der ersten Möglichkeit, so ist die Fristversäumnis schuldhaft erfolgt und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht möglich. Folgt man der zweiten Möglichkeit, so ist die Fristversäumnis nicht schuldhaft erfolgt.

Dann muss geprüft werden, dass sie binnen zwei Wochen, § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die versäumte Rechtshandlung nachgeholt hat, § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO.

VII. Ergebnis: Damit ist der Widerspruch zulässig.

B. Begründetheit des Widerspruchs

Der Widerspruch müsste auch begründet sein.

Begründet ist der Widerspruch, wenn der angegriffene Verwaltungsakt rechtswidrig ist und der Widerspruchsführer in seinen Rechten verletzt ist, §§ 68 Abs. 1 Satz 1, 113 Abs. 1 Satz 1 analog VwGO.

Der Bescheid könnte rechtswidrig sein. In Betracht kommt die formelle und/oder materielle Rechtswidrigkeit des Bescheides.

Der Bescheid wäre jedoch rechtmässig, wenn er aufgrund einer Ermächtigungsgrundlage formell und materiell rechtmässg erlassen worden wäre.

I. Rechtswidrigkeit der Verfügungen unter Nr. 1 und 2

1. Ermächtigungsgrundlage für die Verfügungen unter Nr. 1 und 2 des Bescheides (3) (Gesetzesvorbehalt, Art. 20 III GG)

Als Ermächtigungsgrundlage für das behördliche Einschreiten kommt § 3 Abs. 1 SächsPolG in Betracht (4).

2. Formelle Rechtmässigkeit (siehe dazu § 46 VwVfG)

a) Zuständigkeit

Die Stadt Oederan ist gemäss § 64 Abs. 1 Nr. 4, 68 Abs. 2 SächsPolG als
Ortspolizeibehörde zuständig.

b) Verfahren: Ob eine Anhörung gemäss § 28 Abs. 1 VwVfG erforderlich ist, oder dies gemäss § 28 Abs. 2 VwVfG entbehrlich ist oder geheilt werden kann, kann unterschiedlich beurteilt werden.

c) Form: An der Form des Bescheides bestehen keinerlei Bedenken.

3. Materielle Rechtmässigkeit

a) Voraussetzungen

Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage müssten gegeben sein. Es muss eine (konkrete) Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bestehen.

aa) Öffentliche Sicherheit

Die öffentliche Sicherheit umfasst die Gesamtheit der geschriebenen Rechtsordnung, die Rechtsgüter des Einzelnen und der Gemeinschaft sowie die Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates.

Der Hund von Frau Sundfall ist extrem bissig, sodass andere Hunde angefallen und getötet werden können und darüber hinaus sogar Leib oder Leben von Menschen betroffen sein könnten. Damit sind Rechtsgüter des Einzelnen und folglich die öffentliche Sicherheit betroffen.

Die Prüfung des Tatbestandsmerkmals der »öffentlichen Ordnung« entfällt, weil bereits das TB-Merkmal der öffentlichen Sicherheit bejaht wurde.

bb) Gefahr

Eine Gefahr ist die im einzelnen Falle (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) bestehende konkrete Möglichkeit des zukünftigen Eintritts eines Schadens bei den durch das Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Sicherheit geschützten Rechtsgütern.

Dass mit weiteren Angriffen zu rechnen ist, die hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts mithin besteht, ergibt sich aus dem bisherigen Verhalten des Rottweilers und daraus, dass sich die einzelnen Vorfälle innerhalb kürzester Zeit ereigneten. Darüber hinaus hat Frau Sundfall selbst vorgetragen, dass ihr Hund nicht umzuerziehen sei, also auch künftig mit weiteren Beissereien zu rechnen ist.

Damit liegt eine Gefahr vor.

b) Polizeipflicht von Frau Sundfall: Frau Sundfall ist Störerin gemäss § 5 SächsPolG. Sie ist Eigentümerin des Hundes.

c) Rechtsfolge

Die Rechtsfolge von § 3 Abs. 1 SächsPolG eröffnet Ermessen, § 3 Abs. 2 bis 4 SächsPolG (Entschliessungs- und Auswahlermessen, d.h. Ob und wie einzuschreiten ist). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Auch der Grundsatz der Verhältnismässigkeit nach § 3 Abs. 2 bis 4 SächsPolG ist gewahrt.

Die behördlich festgelegten Massnahmen sind geeignet, die Bissigkeit des Hundes unter Kontrolle zu halten.

Darüber hinaus sind sie auch erforderlich. Es ist kein milderes, gleich geeignetes Mittel ersichtlich, das genauso effektiv wäre. Schliesslich stehen die eingesetzten Mittel zu den zu schützenden Rechtsgütern in einem angemessenen Verhältnis. Der Eingriff in das Grundrecht der Handlungsfreiheit der Hundehalterin (Art. 2 GG) ist gering.

Damit ist der Bescheid auch verhältnismässig.

d) Anordnung der sofortigen Vollziehung (Verfügung Nr. 3)

Laut Sachverhalt hat die Behörde die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO vorgenommen und ordnungsgemäss begründet.

Damit hat sich die Behörde einen
Vollstreckungstitel verschafft.

II.
Rechtmässigkeit der Androhung des Zwangsgeldes (Verfügung Nr. 4) (5)

1. Ermächtigungsgrundlage für die Androhung:

Rechtsgrundlage dafür sind die §§ 19, 20 SächsVwVG.

2. Formelle Rechtmässigkeit

Die Zuständigkeit der Stadt ist gegeben. Vollstreckungsbehörde ist die Stelle, die den zu vollstreckenden Grundverwaltungsakt erlassen hat, § 4 Abs. 1 Nr. 2 SächsVwVG.

3. Materielle Rechtmässigkeit

In materieller Hinsicht kommt es auf das Vorliegen eines vollstreckbaren Titels und die ordnungsgemässe Art und Weise der Vollstreckung an. Asserdem dürfen keine Vollstreckungshindernisse vorliegen.

a) Ein Verwaltungsakt ist unter den Voraussetzungen des § 2 SächsVwVG ein sog.
Vollstreckungstitel für eine Zwangsgeldandrohung. Der (der Androhung vorausgehende) Verwaltungsakt muss auf eine Handlung, Duldung oder Unterlassung gerichtet sein.

Er muss wirksam gemäss §§ 41, 43 VwVfG sein (Bekanntgabe).

Er ist vollziehbar, wenn er unanfechtbar ist oder wenn ein Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO eingreift (praktisch bedeutsam sind immer die Fälle der Anordnung der sofortigen Vollziehung, § 80 II 1 Nr. 4 VwGO).

b) Die Verfügung der Stadt ist vollstreckbar. Sie war auf ein bestimmtes Verhalten gerichtet. Sie ist wirksam und die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO wurde angeordnet. Damit liegt der nach § 2 SächsVwVG erforderliche
Vollstreckungstitel vor.

Daran kann sich demnach eine Androhung anschließen, § 20 II VwVG.

Eine Fristsetzung war wegen Gefahr im Verzug nicht erforderlich, § 21 SächsVwVG.

c) Die Art und Weise der Vollstreckung erfolgte ebenfalls ordnungsgemäss nach § 20 SächsVwVG. Eine Zwangsgeldandrohung für jeden Fall der Nichtbefolgung ist nach § 19 SächsVwVG möglich (vertretbar ist es, eine derartige sog. Vorratsandrohung aber auch als rechtswidrig zu betrachten)..

Schliesslich besteht auch kein Vollstreckungshindernis.

Damit war die Zwangsgeldandrohung ebenfalls rechtmässig.

C. Endergebnis

Der Widerspruch ist zwar zulässig ,aber unbegründet.

Damit hat er keine Aussicht auf Erfolg.

1  Es handelt sich um eine vierstündige Klausur, die im Jahre 2000 im Rahmen der Fortbildungsprüfung zum Verwaltungsfachwirt in Sachsen (Regierungspräsidium Leipzig als zuständige Prüfungsbehörde) als Prüfungsaufgabe gestellt war (Allgemeines Verwaltungsrecht unter Einbeziehung des beonderen Verwaltungsrechts)

2  Mittlerweile gilt das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden vom 24.8.2000 (SächsGVBl. S. 358)

3  Zum Prüfungsaufbau und der entspr. Reihenfolge in polizeirechtlichen Klausuren siehe Schoch, Grundfälle zum Polizei- und Ordnungsrecht, JuS 95, 217; sowie Mussmann, Allgemeines Polizeirecht in Baden-Württemberg, 4. Auflage 1994, S. 339

4  Nunmehr ist das in der F. 2 genannte Gesetz als sonderrechtliche Regelung gegenüber § 3 I SPolG zu beachten!

5  Zu vollstreckungsrechtlichen Fragen siehe

Gefahrenabwehr durch Abschleppen von Kraftfahrzeugen...

Fälle zum Verwaltungsvollstreckungsrecht

Zur formellen und materiellen Rechtmäßigkeit von Verwaltungsvollstreckungsmaßnahmen